Mark Reeder

Seit den späten 70er Jahren ist der in Manchester geborene Mark Reeder eine unverzichtbare Größe der Berliner Sub-Kultur. Der Musiker, Musikproduzent, DJ, Labelbetreiber, Schauspieler und Autor agiert dabei gleichermaßen als Chronist der turbulenten 80er und 90er Jahre in der deutschen Hauptstadt, als auch als vitaler Teil der heutigen Szene. Im Laufe der Jahre arbeitete er schon mit New Order, Die Toten Hosen, Malaria! oder den Pet Shop Boys zusammen.

Interview

  • Was ist der größter Vinyl-Schatz in deiner Sammlung?

    Tornados – „Telstar“ (1962): Meine erste Schallplatte überhaupt, gekauft mit vier und halb.
    Joy Division – „An Ideal for Living“ (EP 1978): Joy Divisions erste Platte. Klingt wie auf Tupperware gespielt. Damit begann eine lange Reise für mich in die Musikwelt.
    Jimi Hendrix – „Electric Ladyland“ (2LP Erstpressung 1968): Mein allererstes Album, selbst gekauft mit 11 Jahre im Januar 1969.

  • Welches persönliche Lieblings-Album hast du in einem Plattenladen entdeckt?

    Jimi Hendrix „Electric Ladyland“ war die erste Platte, die mich wirklich faszinierte. Das Cover mit nackten Frauen war sehr interessant für mich als Elfjähriger und es klang wie Science-Fiction. Ich wollte es jede Woche hören, aber es klang jedes Mal anders. Ich wusste nicht, dass es ein Doppelalbum war. Ich habe das viele Geld zusammen erarbeitet mit odd-jobs und Weihnachts-und Geburtstags Geld. Ein paar Jahre später habe ich mit 14 im Plattenladen gearbeitet in den 70er und habe sehr viele geile Platten entdeckt. Besonders Electronic Krautrock Platten wie Faust, Tangerine Dream, Klaus Schulze und Cosmic Jokers und „I Feel Love“ von Donna Summer. Dann kam die erste Punk Single „New Rose“ von The Damned – das war eine richtige Offenbarung und gleichzeitig eine Befreiung von der langweilige muso-rockmusic wie Yes, Pink Floyd oder Eagles und Little Feet.

  • Was ist das Erste, was du machst, wenn du einen Plattenladen betrittst?

    Ich sage zuerst Hello. Dann gehe ich je nachdem zu der Neue Platten-Kiste oder der Raritäten-Kiste

  • Wie verbringst du am liebsten Zeit in einem Plattenladen?

    Durch die Platten wühlen und mit dem Verkäufer sprechen.

  • Geschätzte Anzahl der Vinyls, die du in deinem Plattenschrank hast?

    Keine Ahnung. Ich habe nie gezählt wie viel Vinyl ich habe. Bestimmt über Eintausend.

  • Warum sollten Menschen in Plattenläden gehen?

    Es ist ein Entdeckungserlebnis. Man entdeckt neue Musik und trifft Gleichgesinnte. Früher im Plattenladen war das immer ein wichtiger Treffpunkt. Platten kaufen im Laden ist was ganz persönliches und es bindet den Hörer mit diesem besonderen Moment. Das hat man nicht, wenn man eine Platte online kauft. Das ist ein insignifikanter Klick ohne Emotion. Eine langersehnte Platte zu entdecken im Plattenladen und die Euphorie dazu ist einfach unvergleichlich und definitiv unbezahlbar.

  • Was ist das skurrilste / lustigste / außergewöhnlichste, das dir einmal im Plattenladen passiert ist?

    Nach der Ausstieg Peter Gabriels von Genesis war Phil Collins der neue Frontmann. Er war in Manchester auf Radiopromo-Tour und sollte ein paar Genesis-Platten im Laden unterzeichnen. Er war richtig grimmig. Er hatte absolut keinen Bock und saß nur motzend im unaufgeräumten hinteren Zimmer und trank eine Tasse Tee. Er wollte keine alten Genesis-Platten unterschreiben und verweigerte sich.
    Dagegen war die VÖ von Buzzcocks erstem Album „Another Music in a Different Kitchen“ in unserem kleinem Virgin Record Shop in Manchester viel unterhaltsamer und lustiger. Buzzcocks wollten auch nur eine paar Platten unterzeichnen und Fotos machen, aber da kamen Hunderte von Fans. Sie haben unseren Laden regelrecht gestürmt. Es war wie eine Heuschreckenplage. Die Punks haben alles, was nicht festgeschraubt war, geklaut. Sogar Bonnie Tyler-Poster und die Lautsprecherboxen! Es war wie Szenen aus den Beatles-Zeiten. Die Band musste Zuflucht in dem Hinterzimmer suchen, sonst hätten die schreienden Fans sie entkleidet. Es war totales Chaos, aber sehr lustig. Es gabs so viele Leute, die Polizei mussten sogar die ganze Straße sperren.